Hast Du selbst auch schon die Erfahrung gemacht, dass Du eine Runde drehst und mit einem Mal kommt Dir ein Gedanke in den Kopf geschossen, der Dich den entscheidenden Schritt in Deinen bis dahin stockenden Planungen weiterbringt? Könnte ein Zufall sein, Du wolltest ja nur mal eben ein wenig abschalten, ist es aber nicht! Bewegung macht etwas mit Deinem Gehirn und Du kannst es gezielt nutzen. Hier habe ich einfache, konkrete Tipps für Dich, wie das noch besser klappt.
Zunächst aber: Was bedeutet es kreativ zu sein? Warum können gerade ausdauernde Bewegungsformen wie das Laufen Wegbereiter sein, um Denkblockaden zu lösen und den Kopf für neue Ideen frei zu machen? Und welche neurologischen Prozesse laufen dabei im Hintergrund ab? Studien und Quellen, auf die ich mich beziehe, findest Du unten verlinkt!
Kreativität entsteht im Gehirn
Für alles Neuartige und Originelle muss es zunächst in der Lage sein in alle möglichen Richtungen zu denken und diese Gedanken und Ideen in einem zweiten Schritt sinnvoll zu kanalisieren, zu ordnen und sich schlussendlich für eine möglichst vielversprechende Idee entscheiden. Eine unglaublich anspruchsvolle Aufgabe fürs Gehirn, weil es eben nicht nur bereits gelerntes reproduzieren muss, sondern auf Grundlage dessen Neues entwickelt. Sport und Bewegung unterstützt und fördert diese Fähigkeit! Wenn ich mich bewege, steigere ich nicht nur meine körperliche, sondern auch meine kognitive Leistungsfähigkeit. Forscher vom Max-Planck-Institut in Leipzig konnten beispielsweise zeigen, dass Probanden, die auf dem Hometrainer Vokabeln lernten, bessere Ergebnisse erzielten als Vergleichsprobanden, die sich beim Lernen entspannten. In weiteren Studien zeigt sich, dass Gehirne von körperlich leistungsfähigen Jugendlichen effizienter arbeiten als die von Kindern mit geringerer Fitness. Selbiges gilt für Erwachsene!
Laufen und Kreativität
Was genau macht das Laufen aber jetzt so wertvoll, um kreativ denken zu können? Als Bewegungsform ist es rhythmisch, gleichmäßig und, vorausgesetzt ich bin ein einigermaßen geübter Läufer, kognitiv wenig anspruchsvoll. Genauso geeignet wären also Sportarten wie Radfahren, Schwimmen oder Wandern. Wenn wir nun anfangen zu laufen, führt das zu einer Aktivierung von Gehirnarealen, die für gestiegene Aufmerksamkeit und kognitive Flexibilität verantwortlich sind. Diesen Fokus und diese Aufmerksamkeit brauchen wir allerdings kaum, um uns auf die Bewegung zu konzentrieren, auch die Umgebung wird über kurz oder lang relativ uninteressant für unser Gehirn. Also passiert folgendes: unser hochreguliertes kognitives Potenzial bleibt nicht einfach ungenutzt, wir fangen an nachzudenken, beschäftigen uns mit uns selbst. Gedanken und Ideen kommen. Diese Erfahrung mache ich selbst und auch andere Läufer immer wieder. Meine Umwelt nehme ich dabei nur noch am Rande wahr. Manchmal verpasse ich ganze Lieder meiner Playlist, weil ich so fokussiert auf meine Gedanken bin.
4 Tipps für Deine nächste Einheit
Um diesen „Zustand“ zu erreichen und die Gedanken auch wirklich fließen lassen zu können, hier ein paar praktische Tipps:
- Lauf nicht auf Zeit: Ein langsames Tempo im aeroben Bereich schafft optimale Bedingungen für Kreativität. Vermeide es am besten, auf Deine Uhr zu schauen oder lass sie gleich ganz zuhause.
- Lauf dort, wo Du Dich wohl fühlst und Ruhe hast: Vermeide viel genutzte Wege oder gar Straßen, auf denen Du viel Ablenkung beispielsweise durch Verkehr hast. Such Dir also eine Strecke durch den Wald oder durch Wiesen. Ein gleich doppelt positiver Effekt, denn allein der Aufenthalt in der Natur macht uns kreativer!
- Nutze eine Rhythmusvorgabe durch Musik oder ein Metronom: So kannst Du Dein Gehirn dabei unterstützen, genau die Bereiche zu aktivieren, die das Laufen in seiner rhythmischen Form effizient machen. Das hilft vor allem dann, wenn Du sonst in Deiner Geschwindigkeit stark schwankst oder Dich leicht ablenken lässt.
- Halte Deine Gedanken fest: Speichere sie über eine Sprachnotiz gleich während des Laufens oder schreibe sie direkt nach dem Laufen auf, damit Du Deine wertvollen Ideen nicht wieder vergisst!
Viel Spaß beim Ausprobieren😊 Über Erfahrungen und Fragen freue ich mich in den Kommentaren!
Quellen und weiterführende Literatur:
https://doi.org/10.1016/j.nlm.2010.08.003, https://doi.org/10.1016/S0167-8760(03)00080–1, https://doi.org/10.1016/j.neulet.2010.06.089,
Lienhard, Lars. Training beginnt im Gehirn: Mit Neuroathletik die sportliche Leistung verbessern. Riva Verlag, 2019.
Schmid-Fetzer, Ulla, and Lars Lienhard. Neuroathletiktraining. Pflaum Verlag, 2018.
Beck, Frieder. Bewegung macht schlau: Mentale Leistungssteigerung durch körperliche Aktivität. Goldegg Verlag, 2021.